Schriftformheilungsklauseln per se unwirksam:
Der BGH hat in seinem Urteil vom 27.09.2017 entschieden, dass sog. Schriftformheilungsklauseln mit der nicht abdingbaren Vorschrift des § 550 BGB unvereinbar und daher unwirksam sind. Sie können deshalb für sich genommen eine Vertragspartei nicht daran hindern, einen Mietvertrag unter Berufung auf einen Schriftformmangel ordentlich zu kündigen (Fortführung der Senatsurteile BGHZ 200, 98 = IMR 2014, 155 = NJW 2014, 1087, und vom 30.04.2014 – XII ZR 146/12, IMR 2014, 330 = NJW 2014, 2102). Folge des Urteils ist, dass Mietvertragsparteien sich zukünftig nicht mehr auf die Unmöglichkeit einer ordentlichen Kündigung des Mietvertrages während der vereinbarten Festlaufzeit verlassen können. Mietverträge, die einen Schriftformmangel aufweisen, können vielmehr grundsätzlich jederzeit von beiden Vertragsparteien unter Einhaltung der ordentlichen Kündigungsfrist gekündigt werden.
Die generelle Vereinbarkeit von Schriftformheilungsklauseln mit § 550 BGB hatte der BGH bislang stets offen gelassen. Bisher hatte der BGH lediglich entschieden, dass es mit § 550 BGB unvereinbar ist, wenn Schriftformheilungsklauseln auch einem Erwerber, der in den Mietvertrag als neuer Vermieter eintritt, die Möglichkeit einer ordentlichen Kündigung aufgrund Schriftformverstoßes nehmen. Mit seinem jetzigen Urteil hat sich der BGH nunmehr den Stimmen innerhalb der Literatur angeschlossen, die Schriftformheilungsklauseln generell für unwirksam erachten (gleich, ob es sich bei der Klausel um Allgemeine Geschäftsbedingungen oder Individualvereinbarungen handelt). Der BGH begründet seine Auffassung damit, dass die Vorschrift des § 550 BGB nicht nur dem Schutz des Erwerbers diene, sondern auch die Beweisbarkeit langfristiger Abreden zwischen den Vertragsparteien gewährleisten und die Vertragsparteien zudem vor der unbedachten Eingehung langfristiger Bindungen schützen solle. Mit § 550 BGB habe der Gesetzgeber laut BGH die Vertragsfreiheit bewusst dahingehend eingeschränkt, dass langfristige mietvertragliche Bindungen (gleich, ob über Wohn- oder Gewerberäume) der Schriftform bedürfen. Sei die in § 550 BGB vorgeschriebene Schriftform in den Mietverträgen nicht gewahrt, bestehe als unabdingbare gesetzliche Folge auch kein langfristiges Mietverhältnis, welches es zu wahren gelte. Eine Schriftformheilungsklausel würde diese vom Gesetzgeber bewusst gewollte Rechtsfolge in unzulässiger Weise umgehen, da ein Mietvertrag auch bei Nichteinhaltung der Schriftform eben nicht, wie vom Gesetzgeber vorgesehen, ordentlich kündbar sein soll. Hierin sieht der BGH einen unzulässigen Verstoß gegen zwingendes Recht mit der Folge der Unwirksamkeit der Schriftformheilungsklausel.
Obwohl der BGH in dem nunmehr entschiedenen Fall einen Schriftformmangel erkannt hat (die Parteien hatten sich ohne ausreichende Bezugnahme auf den Mietvertrag über eine Anpassung der vertraglich vereinbarten Wertsicherungsklausel verständigt), konnte der Vermieter vorliegend nicht wirksam kündigen. Die Richter befanden vielmehr, das Vorgehen des Vermieters laufe Treu und Glauben (§ 242 BGB) zuwider, da er allein von der nachträglich getroffenen Abrede profitiert habe und die fehlende Schriftform nunmehr lediglich benutzen wolle, „sich von einem inzwischen lästig gewordenen langfristigen Mietvertrag zu lösen“.
Aufgrund des Urteils des BGH besteht nunmehr in Bezug auf jedes Mietverhältnis, in welchem die gesetzliche Schriftform nicht eingehalten ist, ein jederzeitiges Risiko der ordentlichen Kündbarkeit des Mietverhältnisses. Einer Kündigung aufgrund Nichteinhaltung der Schriftform steht nur noch der Einwand des § 242 BGB (Treu und Glauben) entgegen. Diese Regelung dürfte allerdings nur dann herangezogen werden, wenn die strikte Anwendung des bestehenden Rechts zu ungerechten Ergebnissen führen würde.
Es sollte daher sowohl beim Abschluss eines Mietvertrags als auch während der Laufzeit des Mietverhältnisses dringend darauf geachtet werden, dass sämtliche (wesentliche) Vereinbarungen des Mietverhältnisses schriftformgemäß festgehalten werden.
Autor: Felix M. Riethmüller – fr@kfr.law
Fundstelle: BGH, Urt. v. 27.09.2017 – XII ZR 114/16
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