Grundstücksrecht: Die Bestellung eines dinglichen Vorkaufsrechts ist formfrei möglich!

Grundstücksrecht: Die Bestellung eines dinglichen Vorkaufsrechts ist formfrei möglich! (Rechtsprechungsänderung)

Der BGH hat – dem vorinstanzlichen Urteil des OLG Bremen folgend – entschieden, dass die gemäß § 873 BGB zur Bestellung eines dinglichen Vorkaufsrechts erforderliche Einigung nicht notariell beurkundet werden muss. § 311 b Abs. 1 Satz 1 BGB (§ 313 S. 1 BGB aF) ist auf die dingliche Einigung nicht anwendbar, sondern gilt nur für das zugrundeliegende Verpflichtungsgeschäft.

Kommentar:

Mit dieser Entscheidung ist der BGH von seiner bisherigen Auffassung aus einem Urteil vom 7. November 1990 – XII ZR 11/89 abgewichen, welches dazu geführt hatte, dass die Frage der Formbedürftigkeit der Bestellung eines dinglichen Vorkaufsrechts in Literatur und Rechtsprechung uneinheitlich beantwortet wurde und zu Unsicherheiten führte. Nun dürfte Klarheit eintreten.

Zur Begründung führt der BGH an, dass eine besondere Form nur dort einzuhalten sei, wo das Gesetz dies ausdrücklich vorschreibe. Eine solche Bestimmung enthalte das Gesetz für § 873 BGB jedoch nicht. Nur aus grundbuchrechtlicher Sicht sei die Eintragungsbewilligung durch öffentliche oder öffentlich beglaubigte Urkunden nachzuweisen.

§ 311 b Abs. 1 Satz 1 BGB gelte nach Wortlaut und systematischer Stellung nur für das schuldrechtliche Verpflichtungsgeschäft, eine analoge Anwendung käme mangels einer planwidrigen Regelungslücke nicht in Frage, da das Erfüllungsgeschäft aufgrund des im deutschen Recht bestehenden Abstraktionsprinzips anderen Regeln unterworfen werde.

Des Weiteren sei selbst bei der Auflassung (§ 925 BGB), die auf Übertragung des Eigentums an einem Grundstück gerichtet sei, keine notarielle Beurkundung erforderlich, daher könne dies für eine Einigung im Sinne des § 873 BGB, die keinen besonderen Regelungen unterliegt, erst recht nicht der Fall sein.

Schließlich wäre eine Formbedürftigkeit mit der Heilungswirkung in § 311 Abs. 1 S. 2 BGB unvereinbar, da es zu einer Heilung eines formunwirksamen Verpflichtungsgeschäfts ansonsten regelmäßig nicht kommen würde, wenn auch die Einigung denselben Formanforderungen unterworfen wäre.

Autor:  Anneke Focken – af@kfr.law

Fundstelle:      BGH, Urt. v. 8.4.2016– V ZR 73/15 (abgedruckt in NJW 2016, 2035)

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