Update Mietrecht: Wird ein Wohnraummietverhältnis wegen Zahlungsverzugs fristlos und gleichzeitig vorsorglich fristgemäß gekündigt, so hatte das Landgericht Berlin entschieden, entfaltet die fristgemäße Kündigung bei Unwirksamwerden der fristlosen Kündigung aufgrund einer Schonfristzahlung gemäß § 569 Abs. 3 Nr. 2 BGB keine Wirkung, da zum Zeitpunkt ihres Zugangs ein Mietverhältnis aufgrund der fristlosen Kündigung nicht mehr bestünde. Diese Entscheidung hat der BGH nun aufgehoben. Die ordentliche Kündigung entfaltet Wirkung!
Das LG Berlin hatte entschieden, dass eine Kündigungserklärung als Gestaltungsrecht mit ihrem Zugang unmittelbare Wirkung entfaltet und eine Art Schwebezustand sich verbietet. Später eintretende, ändernde Tatsachen wie z.B. eine Schonfristzahlung gemäß § 569 Abs. 3 Nr. 2 BGB könnten daher nicht – wie teils in der Literatur vertreten – dazu führen, dass die Kündigung ex tunc unwirksam werde. Hat die fristlose Kündigung aber zunächst Bestand und wird erst ab dem Zeitpunkt der neuen Tatsache (z.B. Schonfristzahlung) ex nunc unwirksam, kann eine gleichzeitig hilfsweise ausgesprochene fristgemäße Kündigung keine Wirkung entfalten, da auch die Wirkung der hilfsweise fristgemäßen Kündigung zum Zeitpunkt ihres Zugangs beurteilt werden muss und aufgrund der zunächst wirksamen fristlosen Kündigung kein Mietverhältnis mehr bestand, das hätte gekündigt werden können. Die fristgemäße Kündigung geht in diesem Fall ins Leere.
Diese Entscheidung wurde nun vom BGH aufgehoben:
Die ordentliche Kündigung entfaltet Wirkung. Ein Vermieter, der neben einer fristlosen Kündigung hilfsweise eine ordentliche Kündigung wegen des aufgelaufenen Zahlungsrückstandes ausspreche, erkläre diese nicht nur für den Fall, dass die fristlose Kündigung bereits zum Zeitpunkt ihres Zugangs unwirksam ist, sondern eben und gerade auch für den Fall, dass die fristlose Kündigung erst durch einen gesetzlich vorgesehenen Umstand (z.B. die sogenannte Schonfristzahlung) nachträglich unwirksam werde. Indem das Landgericht Berlin allein darauf abstelle, dass eine fristlose Kündigung das Mietverhältnis zunächst auflöst und daher die ordentliche Kündigung ins Leere laufe, habe es einen einheitlichen natürlichen Lebenssachverhalt künstlich in einzelne Bestandteile aufgespalten.
Der BGH bewahrt die Vermieter durch diese Entscheidung davor, sich aufgrund des vom Landgericht Berlin an den Tag gelegten Formalismus künftig alternative Lösungsmöglichkeiten suchen zu müssen, die unter Umständen auch mit einem Zeitverlust von mehreren Monaten einhergegangen wären. Die Entscheidung ist aus Vermietersicht daher sehr zu begrüßen.
Autor: Anneke Focken – af@kfr.law
Fundstelle: LG Berlin, Urt. v. 13.10.2017 – 66 S 90/17 (BeckRS 2017, 127840)
BGH, Urteile vom 19.09.2018 – VIII ZR 231/17 und VIII ZR 261/17
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