Öffentliches Baurecht: Ferienwohnungen und Wohnen – der Mix macht’s

1. Der Aufenthalt in Ferienwohnungen ist kein Wohnen im Sinne der Baunutzungsverordnung.

2. Ein Gebiet, in dem das Wohnen als Nutzung zwar überwiegt, dem Aufenthalt in Ferienwohnungen aber ein das Gebiet mitprägender Anteil zukommen soll, unterscheidet sich im Sinne von § 11 Abs. 1 BauNVO wesentlich von einem allgemeinen Wohngebiet.

Gegenstand der vorliegenden Entscheidung ist ein Bebauungsplan, der ein sonstiges Sondergebiet zur Unterbringung von Anlagen und Einrichtungen des Dauerwohnens und der Fremdenbeherbergung ausweist.

Nach Ansicht des BVerwG konnte die vorliegende Festsetzung eines Sondergebietes „Dauerwohnen und Gästebeherbergung“ auf § 11 Abs. 1 BauNVO gestützt werden.

Wie von § 11 Abs. 1 BauNVO gefordert, unterscheidet sich das festgesetzte Gebiet wesentlich von den Baugebieten nach den §§ 2 bis 10 BauNVO, was das BVerwG dann im Einzelnen darlegt.

Das BVerwG stellt zunächst klar, dass ein wesentlicher Unterschied zu den Gebieten nach den §§ 2 bis 10 BauNVO dann besteht, wenn ein Festsetzungsgehalt gewollt ist, der sich keinem der in den §§ 2 ff. BauNVO geregelten Gebietstypen zuordnen und sich deshalb sachgerecht auch nicht mit einer auf sie gestützten Festsetzung erreichen lässt. Wie schon mehrfach entschieden, sei die allgemeine Zwecksetzung eines Baugebiets das entscheidende Kriterium dafür, ob sich das festgesetzte Sondergebiet wesentlich von einem Baugebietstyp im Sinne der §§ 2 bis 10 BauNVO unterscheidet.

Das hier festgesetzte Sondergebiet unterscheide sich zunächst wesentlich von einem reinen Wohngebiet nach § 3 BauNVO. Reine Wohngebiete dienen nach § 3 Abs. 1 BauNVO dem Wohnen. Das festgesetzte Sondergebiet dient indes auch der Fremdenbeherbergung. Diese Nutzung ist kein Wohnen im Sinne der Baunutzungsverordnung. Der Begriff des Wohnens im Sinne von § 3 Abs. 1 BauNVO ist durch eine auf Dauer angelegte Häuslichkeit, Eigengestaltung der Haushaltsführung und des häuslichen Wirkungskreises sowie Freiwilligkeit des Aufenthalts gekennzeichnet. Diese Kriterien müssen diejenigen erfüllen, denen die Unterkunft als Heimstätte dient. Maßgeblich für die Erfüllung des Wohnbegriffs sind das Nutzungskonzept und seine grundsätzliche Verwirklichung. Bei der Fremdenbeherbergung, die hier in Ferienappartements angeboten werden soll, fehlt es an einer Häuslichkeit, die auf Dauer angelegt ist. Denn die Gäste halten sich nach dem Nutzungskonzept und seiner typischen Verwirklichung jeweils allenfalls wenige Wochen in diesen Räumlichkeiten auf.

Die Gemeinde wollte nach Ansicht des BVerwG auch ein allgemeines Wohngebiet im Sinne von § 4 BauNVO nicht festsetzen. Die Festsetzung eines Mischgebietes würde das gemeindliche Planungsziel ebenso verfehlen und schließlich scheide die Festsetzung eines Sondergebietes nach § 10 Abs. 1 BauNVO, das der Erholung dient, aus. Denn mit der allgemeinen Zweckbestimmung eines solchen Sondergebietes ist das Dauerwohnen nicht vereinbar.

Kommentar:

Die Thematik der planungsrechtlichen Zulässigkeit von Ferienwohnnutzungen ist bereits lange Gegenstand der Rechtsprechung und der Literatur. Die Meinungen hierzu sind vielfältig.

Das veranlasste den Gesetzgeber im Jahr 2017 tätig zu werden. So wurden die Neuregelungen in § 12 Abs. 7 BauGB, § 1 Abs. 5 BauNVO, 11 Abs. 2 BauNVO und § 13a BauNVO geschaffen.

Hervorzuheben ist v.a. die Neuregelung in § 11 Abs. 2 BauNVO, wonach in festgesetzten Gebieten für den Fremdenverkehr auch eine Mischung von Fremdenbeherbergung oder Ferienwohnen einerseits sowie Dauerwohnen andererseits planerisch zugelassen werden darf.

Zu beachten ist aber, dass diese Neuregelungen auf bestehende Bebauungspläne in der Regel keine Auswirkungen haben. Denn es gilt – wie auch in der vorliegenden Entscheidung des BVerwG wieder bestätigt – im Grundsatz die bei Erlass des Bebauungsplanes geltende Baunutzungsverordnung. Hierauf ist bei der Auslegung von Bebauungsplänen besonders zu achten.

Autor:             Dr. Henrik Kirchhoff – hk@kfr.law

Fundstelle:     BVerwG, Urteil vom 18. Oktober 2017 – 4 CN 6.17 (ZfBR 2018, 158)

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