Gesetz zur Zulassung virtueller Wohnungseigentümerversammlungen, zur Erleichterung des Einsatzes von Steckersolargeräten und zur Übertragbarkeit beschränkter persönlicher Dienstbarkeiten für Erneuerbare-Energie-Anlagen

Der Bundesrat hat in seiner Sitzung am 27.09.2024 die Erleichterung der Anbringung von Steckersolargeräten (also auch Balkonkraftwerken) gebilligt. Außerdem wird mit der Gesetzesänderung auch die Möglichkeit geschaffen, Eigentümerversammlungen vollständig online abzuhalten.

Privilegierung der Installation von Steckersolargeräten

§ 20 Abs. 2 WEG wird um eine Nr. 5 ergänzt. Damit kann mit dieser Gesetzesänderung

„jeder Wohnungseigentümer angemessene bauliche Veränderungen verlangen, die der Stromerzeugung durch Steckersolargeräte dienen.“

Sinn und Zweck des § 20 Abs. 2 WEG ist, dass eine unwillige Mehrheit bauliche Veränderungen nicht mehr verhindern können soll, die für einzelne Wohnungseigentümer „besonders bedeutsam“ und „aus gesamtgesellschaftlicher Perspektive sinnvoll“ wären. Zu einer derartigen baulichen Veränderung soll nun auch die Installation eines Steckersolargerätes dienen.

Die Regelung in § 20 Abs. 2 WEG muss für Fälle des vermieteten Wohnungs-/Teileigentums im Zusammenspiel mit den mehr oder weniger parallel geregelten Rechten des Mieters aus § 554 BGB gesehen und in der Anwendung auch entsprechend harmonisiert werden. Aus diesem Grund wurde auch der § 554 entsprechend angepasst und lautet ab Inkrafttreten der Änderung:

„Der Mieter kann verlangen, dass ihm der Vermieter bauliche Veränderungen der Mietsache erlaubt, die dem Gebrauch durch Menschen mit Behinderungen, dem Laden elektrisch betriebener Fahrzeuge, dem Einbruchsschutz oder der Stromerzeugung durch Steckersolargeräte dienen. Der Anspruch besteht nicht, wenn die bauliche Veränderung dem Vermieter auch unter Würdigung der Interessen des Mieters nicht zugemutet werden kann. Der Mieter kann sich im Zusammenhang mit der baulichen Veränderung zur Leistung einer besonderen Sicherheit verpflichten; § 551 Absatz 3 gilt entsprechend.“

Unter Steckersolargeräten werden nach der Gesetzesbegründung und gemäß den technischen Normen des Verbandes der Elektrotechnik Elektronik Informationstechnik e. V. (VDE)/Forum Netztechnik/Netzbetrieb im VDE (FNN) derzeit kleine PV-Anlagen bis maximal 600 Watt (W) Wechselrichterleistung verstanden. In der Regel handelt es sich um laienbedienbare Geräte, die aus (wenigstens) je einem Photovoltaik-Modul, einem netzgekoppelten Wechselrichter, einer Anschlussleistung und einem Stecker zum Anschluss an Endstromkreise bestehe.

Virtuelle Eigentümerversammlung

Mit Nummer 2 wird eine Beschlusskompetenz für reine Online-Versammlungen („virtuelle Wohnungseigentümerversammlungen“) geschaffen. Die bisherige Möglichkeit, die Online-Teilnahme an Präsenzversammlungen zu ermöglichen („hybride Wohnungseigentümerversammlungen“), bleibt unverändert bestehen. Es besteht mithin künftig die Wahl, Wohnungseigentümerversammlungen in Präsenz, hybrid oder rein virtuell durchzuführen.

§ 23 WEG wird um einen Abs. 1a ergänzt, der lautet:

„(1a) Die Wohnungseigentümer können mit mindestens drei Vierteln der abgegebenen Stimmen beschließen, dass die Versammlung innerhalb eines Zeitraums von längstens drei Jahren ab Beschlussfassung ohne physische Präsenz der Wohnungseigentümer und des Verwalters an einem Versammlungsort stattfindet oder stattfinden kann (virtuelle Wohnungseigentümerversammlung). Die virtuelle Wohnungseigentümerversammlung muss hinsichtlich der Teilnahme und Rechteausübung mit einer Präsenzversammlung vergleichbar sein.“

Zudem wurde § 48 WEG, der die Übergangsvorschriften enthält, durch einen Absatz 6 ergänzt:

„(6) Fassen die Wohnungseigentümer vor dem 1. Januar 2028 einen Beschluss nach § 23 Absatz 1a, ist bis einschließlich 2028 mindestens einmal im Jahr eine Präsenzversammlung durchzuführen, sofern die Wohnungseigentümer hierauf nicht durch einstimmigen Beschluss verzichten. Ein Verstoß gegen diese Pflicht führt nicht zur Nichtigkeit oder Anfechtbarkeit der in einer virtuellen Wohnungseigentümerversammlung gefassten Beschlüsse.“

Durch diese Übergangsregelung soll den Wohnungseigentümerinnen und -eigentümern die Umstellung auf virtuelle Wohnungseigentümerversammlungen erleichtert werden und verhindert werden, dass weniger technikaffine Menschen von der rein virtuellen Eigentümerversammlung „überrumpelt“ werden. Da im Jahr 2027 eine Evaluation der WEG-Reform durchgeführt werden soll, ist der zeitliche Rahmen bis 2028 nicht zufällig gewählt. So soll der Gesetzgeber die Möglichkeit erhalten, etwaige Schwachstellen der virtuellen Eigentümerversammlung noch vor Ablauf dieser Frits durch Gesetzesänderung zu beheben.

Praxishinweis

Der Verwalter sollte die Wohnungseigentümer über die neuen Möglichkeiten aufklären und gleichzeitig – falls noch nicht geschehen – seine technischen Möglichkeiten zur Durchführung virtueller Eigentümerversammlungen überprüfen und ggfs. an die Erfordernisse anpassen.

Durch die Möglichkeit, rein virtuelle Eigentümerversammlungen abzuhalten, könnte auch das Leben des Verwalters erheblich vereinfacht werden, denn eine enge zeitliche Begrenzung, wie sie derzeit in der Rechtsprechung für Eigentümerversammlungen oft noch angenommen wird (keine Versammlungen in Urlaubszeiten, keine Versammlungen zur „Unzeit“) könnten durch die Möglichkeit, sich von überall zuschalten zu können, der Vergangenheit angehören. Dadurch könnte auch das Berufsbild des Wohnungseigentümerverwalters attraktiver werden.

Vermietende Eigentümer können sich gegen die vielfach abwertend betrachteten Balkonkraftwerke gegenüber ihrem Mieter nun kaum noch zur Wehr setzen, da sie ihrerseits einen Anspruch auf Installation gegen die Eigentümergemeinschaft haben und die Zumutbarkeitsschwelle dadurch erheblich herabgesetzt ist. Verwalter könnten hier proaktiv Grundlagenbeschlüsse fassen lassen, um den Vermietern das Leben zu erleichtern. 

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